Traditionelles Spargelessen 2010

Traditionelles Spargelessen 2010

Das  Spargelessen wurde eingeleitet durch einen Vortrag von Dr. Thilo Sarrazin, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, zum Thema “Ist die deutsche Marktwirtschaft sozial?”



Der Redner wies zunächst darauf hin, dass die soziale Marktwirtschaft das große Versprechen der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der fünfziger Jahre gewesen sei, das auch kompetent eingelöst wurde. So gab es in den 1950er Jahren ein Wirtschaftswachstum von jährlich 9 %  (wie heute in China oder Indien), die Arbeitslosigkeit sank auf 1,3 % und der Massenwohlstand breitete sich aus. Die große Rentenreform sicherte 1958 den Lebensstandard der älteren Mitbürger, die Einkommenssteuerreform brachte den progressiven Steuertarif, die Sozialfürsorge wurde durch die Sozialhilfe ersetzt und die Arbeitnehmerrechte (Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung ohne Karenztage) wurden ausgebaut.

In den folgenden Jahrzehnten konnten diese Entwicklungen nicht in gleichem Maß fortgeführt werden, die Wachstumsraten sanken und die Arbeitslosenzahlen stiegen bedingt durch zwei Ölkrisen, Rezessionen und die Finanzkrise.   Gleichwohl ist die Einkommens- und Vermögensverteilung über die Jahrzehnte erstaunlich stabil geblieben: schon 1970 entfielen 35 % des Volkseinkommens auf Unternehmereinkommen, Gewinne und Zinsen, 65 % auf Einkommen aus Löhnen und Gehältern.  Diese Zahlen wurden 2008 wieder erreicht, obwohl zwischendurch die Lohnquote auf 70 % gestiegen war.  Auch die Vermögensverteilung innerhalb Deutschlands hat sich seit den 1960er Jahren nicht verändert: 47 % des Vermögens gehört den obersten 10 % der privaten Haushalte. Die unteren 50 % der Haushalte besitzen nur 4 % des Gesamtvermögens.

Bedingt durch die Globalisierung, die demographische Alterung und die Folgen der deutschen Einheit sind die realen verfügbaren Arbeitseinkommen in Deutschland schon seit 20 Jahren nicht mehr gestiegen.  Auch die Zahl der Erwerbstätigen ist verhältnismäßig hoch, wenn auch die Zahl der sozialversicherungspflichigen Vollzeitarbeitsplätze auf 22,5 Mio. gesunken ist. Das bedeutet für viele junge Menschen, dass  es oft Jahre dauert, bis ein unbefristeter Vollzeitarbeitsplatz erreicht ist und die Familie damit würdig ernährt werden kann.

Die Frage nach einem angemessenene Lebensstandard bzw. danach, wer als arm gilt, wird von der OECD wie folgt definiert: die Armut beginnt bei 40 – 45 % des mittleren Einkommens einer Volkswirtschaft (Medianeinkommen). Dieses Konzept der relativen Armut hat zur Folge, dass relative Armut nicht beseitigt werden kann.

Die Gäste des Abends zeigten sich sehr zufrieden (“…der Spargel war wie immer lecker und der Vortrag ein kulinarischer Genuss für den Kopf…”, “…die Ausführungen von Herrn Dr. Sarrazin stimmen sehr nachdenklich und regen zur Diskussion an…”).



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