Der kürzeste Weg in die Selbstständigkeit: eine Lehre im Handwerk
Als sich der 17-jährige Oliver Davidsohn entschloss, nach der 10. Klasse das Gymnasium zu verlassen, um eine Lehre als Gebäudereiniger zu machen, sorgte dies bei seinen Mitschülern für Erstaunen: Ein Gymnasiast, der ins Handwerk ging und dann auch noch als Gebäudereiniger. Inzwischen führt er ein Unternehmen mit 400 Mitarbeitern in Bielefeld-Brackwede und hat über die Grenzen von Ostwestfalen-Lippe hinaus einen hervorragenden Ruf. Manch einer seiner ehemaligen Mitschüler wäre gerne in seiner Lage.
Das Handwerk ist auch etwas für Realschüler und Gymnasiasten, das machte Davidsohn (43) einer Gruppe von hoch interessierten Lehrern verschiedener Schultypen eindrucksvoll klar. Die Lehrer gehören dem Arbeitskreis Schule/Wirtschaft des Arbeitgeberverbandes Bielefeld unter Leitung von Ursula Reinartz an.
Die Lehre ist der erste Baustein. Im Anschluss oder parallel dazu bietet das Handwerk Weiterbildungsmöglichkeiten, die begabten Auszubildenden interessante und vielseitige Karrierewege eröffnen. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse und praktisches Wissen stehen im Einklang, und täglich neue Herausforderungen gestalten den Arbeitsprozess abwechslungsreich und anspruchsvoll. „In keinem Berufszweig können Sie sich so schnell selbstständig machen wie im Handwerk“, betonte der Gebäudereinigermeister, der das Unternehmen in dritter Generation von seinem Vater übernommen hat. Da die Übergabe heute oft nicht mehr familienintern erfolge, suchten viele Unternehmer einen geeigneten Nachfolger. Eine Lehre im Handwerk und Führungsseminare oder ein duales Studium, alles sei denkbar, so der überzeugte Vollbluthandwerker.
„Man kommt rum und lernt interessante Leute kennen. Die Aufgaben sind vielseitig“, betonte Umut-Tanju Güneyli, der bei Davidsohn eine Ausbildung als Gebäudereiniger absolviert. Über seinen Onkel, der in dem Unternehmen als Projektleiter tätig ist, erfuhr er von diesem Beruf. Er begleitete ihn ein paar Mal und bewarb sich dann um eine Lehrstelle. Inzwischen ist der junge Mann im dritten Ausbildungsjahr und möchte seinem Beruf treu bleiben. Seine Kumpels akzeptieren seinen Job, auch weil er ihnen erzählt, was ein Gebäudereiniger wirklich alles können muss. Reinigung und Pflege bedeutet immer auch Erhalt von Flächen und Gebäuden. Dazu braucht es neben praktischem Können auch theoretisches Wissen, das in der Schule und in der überbetrieblichen Ausbildung in den Fächern Werkstoffkunde und Chemie vermittelt wird.
Oliver Davidsohn selbst besucht regelmäßig seine Baustellen und in seinem „Lieblingsgeschäftszweig“, der Parkettbearbeitung, nimmt er noch ab und zu selbst Maß, um Präsenz zu zeigen und immer am Ball zu bleiben. Zu seinen Mitarbeitern und Auszubildenden pflegt er ein kollegiales Verhältnis. Regelmäßige Teambesprechungen sind ihm wichtig. Einmal die Woche berichten seine Projektleiter aus ihren Bereichen. „Meine Mitarbeiter sind mein Kapital“, erklärte der Unternehmer. Auf einen guten Umgangston, ein gepflegtes Auftreten und Benimm lege er großen Wert, und das werde auch von seinen Kunden sehr geschätzt. Nur zufriedene Mitarbeiter, die sich geachtet fühlen, können so auftreten, weiß Davidsohn.
Die Lehrstellenwerberin der Handwerkskammer, Alexandra Kramme, steht interessierten Lehrern, Schülern und auch Handwerksunternehmern aus Bielefeld und dem Kreis Gütersloh für Fragen rund um die Ausbildung im Handwerk zur Verfügung: Tel.: 0521/5608-342
Der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft lud interessierte Lehrer in das Unternehmen DAV Gebäudereinigung Ludwig Davidsohn GmbH & Co. ein. (v.l.) Der Auszubildende Umut-Tanju Güneyli, Geschäftsführer Oliver Davidsohn, Alexandra Kramme, Lehrstellenwerberin der Handwerkskammer, sowie Ursula Reinartz, Leiterin des Arbeitskreises, wollen auch Realschüler und Gymnasiasten für eine Karriere im Handwerk gewinnen.